Der Beitrag von Sascha D. Peters in der ZfWG analysiert das Vorabentscheidungsersuchen des maltesischen Zivilgerichts an den EuGH zur Unionsrechtskonformität des Verbots von Online-Automatenspielen nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) 2012.
Einleitung
Das maltesische Zivilgericht erster Instanz hat in einem ungewöhnlichen Schritt zentrale Elemente der deutschen Glücksspielregulierung vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht. In seinem Vorabentscheidungsersuchen in der Rs. European Lotto and Betting Ltd. u.a. (C-440/23) wirft es die Frage nach der Vereinbarkeit des früheren Verbots von Online-Automatenspielen mit dem Unionsrecht auf.
Die entsprechenden Regelungen des deutschen Regulierungsrahmens sind seit 2021 nicht mehr in Kraft, bleiben aber für zivilrechtliche Ansprüche von Spielern gegen Glücksspielanbieter auf Rückerstattung ihrer Einsätze relevant, die getätigt wurden, als das frühere Verbot von Online-Automatenspielen noch galt. Der Artikel zeigt, dass die dem EuGH vorgelegten Fragen den systematischen Ansatz des früheren Regulierungsrahmens des GlüStV 2012 nicht ausreichend widerspiegeln und daher weitgehend hypothetisch bleiben. Zudem analysiert der Artikel die dem EuGH vorgelegten Fragen in Bezug auf das frühere Verbot von Online-Automatenspielen und erläutert, warum die vom maltesischen Zivilgericht geäußerte Kritik unbegründet ist und die einschlägigen Bestimmungen des GlüStV 2012 mit dem Unionsrecht in Einklang stehen.
Kohärenzbewertung des Verbots für Online-Automatenspiele
Das vorlegende Gericht sieht Anhaltspunkte für ein Kohärenzdefizit sowohl im Vergleich zur Regulierung von Offline-Glücksspielen als auch zu anderen Online-Glücksspielen. Die Darstellung der Regulierungslage ist jedoch defizitär und die Kohärenzbedenken sind unbegründet. Der EuGH hat klargestellt, dass der nationale Gesetzgeber unterschiedliche Vertriebskanäle einer Glücksspielart unterschiedlich regulieren kann, wenn er damit dem besonderen Gefahrenpotential einer bestimmten Vertriebsart Rechnung trägt. Auch die unterschiedliche Regulierung verschiedener Online-Glücksspiele führt nicht zu einer Inkohärenz, da keine strukturell gleichgelagerte Gefahrenlage besteht und die Funktionsfähigkeit des Verbots für Online-Automatenspiele nicht beeinträchtigt wird.
Beachtung unionsrechtlicher Nachweispflichten
Das vorlegende Gericht wirft die Frage nach der Beachtung der unionsrechtlichen Nachweispflichten auf, präsentiert dem EuGH aber eine unzutreffende Tatsachengrundlage. Entgegen der Annahme des Gerichts hat der Staatsvertragsgeber verschiedene wissenschaftliche Studien zur Grundlage seines regulatorischen Tätigwerdens gemacht. Ein Nachweisdefizit kann daher nicht festgestellt werden.
Bedeutung des Kanalisierungsauftrags gem. § 1 S. 1 Nr. 2 GlüStV
Das vorlegende Gericht hegt Zweifel an der Geeignetheit des Verbots für Online-Automatenspiele im Hinblick auf das Kanalisierungsziel des GlüStV 2012. Dem liegt jedoch ein Missverständnis über die Bedeutung des Kanalisierungsziels zugrunde. Das Kanalisierungsziel verlangt nicht, dass für jede Glücksspielform ein reguliertes Angebot bereitgestellt werden muss. Vielmehr müssen die Ziele der Angebotsbegrenzung und der Kanalisierung in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Der Staatsvertragsgesetzgeber konnte davon ausgehen, dem Kanalisierungsziel mit einer Marktsperrung für Online-Automatenspiele in ausreichendem Maße gerecht zu werden.
Vorwirkungen des Übergangs zum GlüStV 2021 für die unionsrechtliche Bewertung?
Das vorlegende Gericht sieht einen Anknüpfungspunkt für die Unionsrechtswidrigkeit des Verbots in der mit dem GlüStV 2021 angestrebten Marktöffnung für Online-Glücksspiele. Die Rechtfertigung des Internetverbots für Online-Automatenspiele nach dem GlüStV 2012 kann dadurch jedoch nicht in Frage gestellt werden. Auch die übergangsweise Duldung des zukünftig voraussichtlich erlaubnisfähigen Angebots begründet keine Unionsrechtswidrigkeit des normativen Verbots.
Fazit
Die Analyse zeigt erhebliche Bedenken an der Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens. In der Sache spricht alles dafür, dass das Verfahren keine neuen Anknüpfungspunkte für eine Unionsrechtswidrigkeit des Verbots für Online-Automatenspiele nach dem GlüStV 2012 bietet. Die defizitäre Rezeption des maßgeblichen innerstaatlichen Rechts durch das maltesische Gericht verdeutlicht die besondere Verantwortung der mitgliedstaatlichen Gerichte bei einer Anrufung des EuGH. Es bleibt zu hoffen, dass der EuGH die faktischen Defizite der Vorlage erkennt und einordnet.
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